Erbhofschätzung im Weinbau und die Auswirkungen im Erbfall
Property valuation of a vinery with regard to the Austrian “Anerbengesetz”
Ferdinand S. Deim1,2*, Markus Sandbichler2* und Sieghard Vaja2
Einleitung
Das Österreichische Anerbengesetz idgF gibt für den Übernehmer eines bäuerlichen Betriebes, worunter auch Weinbaubetriebe fallen, die Möglichkeit einer begünstigten Hofübertragung. Das Anerbengesetz als lex specialis verdrängt die allgemeinen Erbfolgeregeln aus dem ABGB bei derartigen Betrieben unter bestimmten Voraussetzungen (ausgenommen in Kärnten und Tirol, da dort eigene Regelungen vorhanden sind). Oftmals wird auf die Erfüllung dieser Tatbestandsmerkmale als Erblasser oder Erbe zu spät Rücksicht genommen, wodurch es mit weiteren Pflichtteilsberechtigten zu jahrelangen Zwistigkeiten kommt, woran solide Bäuerliche Betriebe oftmals auch zerbrechen.
Erbhofeigenschaft
Damit ein Weinbaubetrieb im Rahmen der Erbfolge vom Verlassenschaftsgericht als Erbhof anerkannt wird benötigt es die Feststellung der Erbhofeigenschaft nach §1 Abs. 1 AnerbenG. Hiernach bedarf es des Eigentums an eines mit einer Hofstelle versehenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes (nach Abs. 2 leg cit auch Weinbaubetriebes), ob allein oder im Miteigentum mit Ehepartnern oder eines Kindes. Die aus dem Eigentum hervorgehenden Erträgnisse müssen geeignet sein, zwei erwachsene Personen zu erhalten. Dies ist nach Abs. 3 leg cit nach den örtlichen Verhältnissen zu beurteilen.
Da in den letzten Jahrzehnten die durchschnittlichen Erträgnisse je Produktionsfaktor in den meisten land- und forstwirtschaftlichen Produktionsfeldern stagniert haben muss immer öfter Betrieben die Zuerkennung der Erbhofeigenschaft verwehrt werden, mit finanziell oftmals für den Betrieb nicht tragbaren Auswirkungen. Um dennoch als Erbhof anerkannt zu werden benötigt es im Vorfeld der Betriebsübergabe einiger Entscheidungen in der Betriebsführung. Hierfür kann es sinnvoll sein sich Sachverständigen zu bedienen, welche zur Erbhofeigenschaftsbeurteilung imstande sind.
Anerbe
Der Anerbe wird nach den Vorgaben des § 3 leg cit bestimmt und ist zumeist ein direkter Abkömmling des Verstorbenen oder des Betriebsübergebers, welcher im Vergleich zu seinen Geschwistern am ehesten zur Landwirtschaft erzogen wurde. Der Anerbe muss um den Erbhof zu bekommen, den weiteren Miterben den Übernahmspreis bezahlen, welcher für gewöhnlich nicht dem tatsächlichen Verkehrswert sondern viel mehr einem Ertragswert entspricht. Diese Regelung soll es dem Übernehmenden Erben erleichtern den Hof als solchen ohne Notverkäufe von Liegenschaften zu erhalten.
Übernahmspreis
Wurde die Erbhofeigenschaft zweifelsfrei festgestellt so kommt es zur Ermittlung des Übernahmspreises. Hier werden zwei landwirtschaftliche Sachverständige damit betraut eben diesen Preis zu ermitteln, welcher für den gesamten Hof an die Miterben bzw. weichenden Erben bezahlt werden kann. Wenn das Verlassenschaftsgericht nach billigem Ermessen auf Basis dieses Gutachtens diesen Preis festlegt, so ist dieser dann auch, möglicherweise gestundet, zu entrichten. Bei der Berechnung dieses Übernahmspreises haben die Sachverständigen einerseits auf das „wohl bestehen können“ des Anerben zu achten aber andererseits auch das Interesse der übrigen Miterben ist gebührend zu berücksichtigen.
Beispielhaftes Berechnungsschema zur Beurteilung des Vorliegens der Erbhofeigenschaft
Zur Beurteilung, ob ein Erbhof vorliegt, werden die beiden Kennzahlen “Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft” und der “auf zwei Personen bezogene betriebs- und regionsspezifische Gesamtverbrauch des Unternehmerhaushalts” in Beziehung gesetzt. Hierbei wird aber nicht die derzeitige Bewirtschaftungsform des Betriebes herangezogen, sondern eine Durchschnittsbetrachtung (Haimböck, 2019, S. 37 ff.). In der Praxis werden hierfür die Buchführungsergebnisse für den Grünen Bericht herangezogen, um konkrete Betriebe zu bewerten. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung dieser beiden Größen in der Stichprobe der buchführenden Weinbaubetriebe im Grünen Bericht. Nur in einem Jahr des Betrachtungszeitraums schaffte es der Durchschnitt der Betriebe, mit den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft den auf zwei Personen bezogenen Gesamthaushalt des Unternehmenshaushalt zu decken. Da die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Zeitverlauf stark schwanken, wird in der Praxis ein mehrjähriger Durchschnitt verwendet.
Überlegungen der Zukunftssicherung mit tragbaren Geschäftsideen
Eine Übernahme einer Aktivität bedarf einer klaren Einschätzung der Zukunftsausrichtung. Nur mittel-langfristige Perspektiven werden die Erben dazu bewegen, das Gut im Sinne des Nachlassers weiterzuführen, ansonsten droht wahrscheinlich die Veräußerung oder ein Misserfolg. Da Weinbaubetriebe, wie andere landwirtschaftliche Betriebe, ihre Wertschöpfung nur bedingt in der Produktion von Trauben erwirtschaften, sollten Alternativen erdacht werden.
In der Traubenproduktion schickt sich die weitere Verwertung der Trauben in Wein, die potentiell eine größere Wertschöpfung ermöglicht. Doch schrecken anfängliche Investitionen und die mittelfristige Kapitalbindung ab. Im Falle einer bereits existierenden Kellerei innerhalb des Erbhofes, kann diese Neuaufstellung des Betriebs auch zur Erneuerung des Konzepts führen, damit der Übergang auch wahrgenommen wird. Es ist aber durchaus möglich, eine neue Weinmarke zu etablieren, indem man zunächst die Produktion in einer existierenden Kellerei auslagert, Weine dort erzeugt, sie beginnt am Markt zu behaupten und im Falle eines Erfolges, diese Weinmarke weiter ausbaut. Überschüssige Trauben, welche nicht in der Weinproduktion verwendet werden, können immer noch am Markt verkauft werden. Das Risiko ist überschaulich, die produzierte Menge und die Produktionskosten kalkulierbar.
Sollte das Unternehmen sich nicht behaupten, sind die Ausmaße des Fehlens nicht betriebsbedrohlich, da dies doch nicht die Substanz des Betriebes beeinträchtigt, bzw. keine strukturellen Investitionen getätigt wurden. Man kann hier in relativ kurzer Zeit, Produkte an den Markt bringen, da die Kellerei mit ihrer angemieteten Struktur die Zeiten verkürzt und mit ihren eingespielten, erfahrenen Team bestimmt hilft, typische Anfangsfehler zu vermeiden. Im Rahmen eines raschen Wachstums der Weinmarke, kann man hingegen folglich Trauben ankaufen oder Flächen dazu pachten, um der Nachfrage gerecht zu werden. In der Folge können Investitionen durch die ersten Erfolge mitfinanziert, Darlehen und öffentliche Förderungen beantragt werden. Weiters hat eine erfolgreiche Weinmarke doch einen Wert, der den anfänglichen Wert des Gutes übertreffen kann. Des weiteren kann ein ab Hof Verkauf Kunden zum Betrieb führen, wobei man einen Ausschank, den Verkauf und eine kleine Gastronomie hinzu andenken kann. Dies führt schließlich zu zusätzlichen Einnahmequellen. Hierfür benötigt man spezifische Kompetenzen, die durch Weiterbildung und durch im Feld erprobte Erfahrung gleichermaßen bedürfen. Durch Kompetenz gewinnt man zudem Vertrauen, das von den Kunden belohnt wird. Diesen Wert kann man bei eventuellen Investoren oder bei einem späteren Verkauf geltend machen, oder eben eine Perspektive für die eigene unternehmerische Zukunft sichern.
Zusammenfassung
Nachdem das Feld der aktiven Landwirtschaft in den letzten Jahren stetig einen Arbeitskräfte- und Betriebsrückgang aufgrund steigender Mechanisierung zu verzeichnen hatte, bedarf es in Bezug auf die Sicherung der Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit hochwertigen Weinen sowie anderen Lebensmitteln eines Neudenkens der Betriebsstrategien, neben politischen Änderungen zugunsten der gesetzlichen Erbhofsicherung.
Diesen Schluss bestärken die Buchführungsergebnisse der Weinbaubetriebe im Grünen Bericht. So entspricht der durchschnittliche Betrieb aus der Stichprobe der Jahre 20XY bis 20XZ nicht der Erbhofeigenschaft. Der für die Anerkennung der Erbhofeigenschaft zu deckende Gesamtverbrauch übersteigt in diesen Betrieben die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Deshalb bedarf die Weiterführung eines Betriebes nachhaltiger Perspektiven. Die Produktion von Trauben lässt eine rentable Bewirtschaftung nur bedingt zu. Eine weitere Verarbeitung in Wein und insbesondere der Aufbau einer Marke können diese hingegen potentiell ermöglichen.
Abstract
Within the field of agriculture, labour force and the number of farm ventures have steadily declined in recent years due to increasing mechanization. Therefore, it is necessary to re-think operating strategies, in addition to political changes, in order to safeguard the supply of high-quality wines and other foods to the Austrian population the legal Erbhofsicherung.
This conclusion is confirmed by the accounting results of the winegrowing enterprises in the Green Report. Thus, the average farm from the sample of the years 20XY to 20XZ does not correspond to the Erbhof property. The total consumption to be covered for the acknowledgment of the Erbhofeigenschaft exceeds in these enterprises the income from agriculture and forestry.
Therefore, the continuation of a business requires sustainable perspectives. The production of grapes only allows a profitable cultivation. On the other hand, further processing into wine and, in particular, the development of a brand can potentially enable them.
Literatur
Die Literatur ist bei den Autoren erhältlich.
Adressen der Autoren
1 Abteilung Pflanzenbau, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Gregor-Mendel-Straße 33, A1180 Wien
2 AgResult Deim Sandbichler GesbR
* Ansprechpartner: DI Dr. Ferdinand Deim (ferdinand.deim@agresult.at) & DI Markus Sandbichler; (markus.sandbichler@agresult.at)